Bundesliga trifft auf Arbeitsrecht – fristlose Kündigung nach politischem Instagram-Posting
Der Bundesligaverein FSV Mainz 05 kündigte dem Fußballprofi El Ghazi im November 2023 wegen eines propalästinensischen Instagram-Posts fristlos (ArbG Mainz, Urteil vom 12. Juli 2024 –10 Ca 1411/23).
Zum Sachverhalt:
Der Fußballprofi äußerte sich nach dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel am 07.10.2024 befürwortend mit der ins Deutsche übersetzten Parole: „Vom Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein“.
Die von dem Fußballer geäußerte Parole ist aktuell sehr umstritten und zweideutig. Einerseits wird dieser Ausruf als Aufruf zur Vernichtung Israels verstanden. Andere sehen hierin den Ausdruck einer Hoffnung auf ein gleichberechtigtes Zusammenleben von Palästinensern und Israeliten.
Kurz nach seinem Posting, löschte El Ghazi den Beitrag wieder. Dennoch sprach der Fußballverein eine Freistellung des Fußballspielers aus. Der Verein gab sodann bekannt, dass El Ghazi nach diversen internen Gesprächen abgemahnt worden sei und die Freistellung widerrufen werde. Der Fußballspieler bedauere seinen Post und distanziere sich von der Aussage.
Doch nur wenige Tage später widersprach El Ghazi den Angaben des Vereins und betonte auf Instagram, dass er den Post nicht bereue und sich nicht von seiner Position distanzieren wolle.
Zwei Tage nach diesem Posting kündigte der Bundesligaverein dem Fußballspieler, dessen Vertrag befristet bis zum 30.06.2025 besteht, mit Schreiben vom 03.11.2023 fristlos.
Gegen diese Kündigung erhob El Ghazi die Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Mainz.
Im Rahmen dieses Verfahrens kam es zu der Streitfrage, ob tatsächlich eine Abmahnung ausgesprochen worden ist.
Exkurs Abmahnung:
Eine Abmahnung kann man wie eine „gelbe Karte“ für den Arbeitnehmer sehen. Sie stellt eine Verwarnung wegen eines bestimmten Fehlverhaltens dar, das im Wiederholungsfalle nicht geduldet werden kann. Damit eine solche Abmahnung als Grundlage für eine Kündigung dienen kann, sollte die Abmahnung einen bestimmten Inhalt aufweisen:
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- Zunächst sollte eine Abmahnung immer schriftlich erfolgen.
- Weiter sollte die Abmahnung den Hinweis enthalten, dass das Verhalten des Arbeitnehmers eine Vertragsverletzung bedeutet, welche der Arbeitgeber nicht dulden möchte – sog. Hinweisfunktion.
- Schließlich muss sich aus der Abmahnung ausdrücklich ergeben, dass der Arbeitnehmer mit einer Kündigung rechnen muss, sollte sich das abgemahnte Verhalten wiederholen – sog. Warnfunktion.
In dem konkreten Fall wurde scheinbar keine schriftliche Abmahnung erteilt, weshalb sich hier ein Streitpotenzial ergeben hat.
Doch das Arbeitsgericht Mainz geht davon aus, dass es auf die Frage, ob eine Abmahnung vorliegt, gar nicht ankommt. Vielmehr rügt das Gericht, dass die ausgesprochene fristlose Kündigung zu spät ausgesprochen worden ist.
Eine fristlose (außerordentliche) Kündigung muss – wie wir bereits in einem unserer früheren Blogbeitrag Die fristlose Kündigung 🔗 beleuchtet haben – innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis von dem Fehlverhalten ausgesprochen werden, § 626 Abs. 2 BGB🔗.
Der ursprüngliche Post des Fußballers war jedoch aus Oktober 2023, sodass die Kündigung vom 03.11.2024, die sich auf den Post bezieht, zu spät erfolgte. Allenfalls käme hier also als Kündigungsgrund nur noch der Post vom 01.11.2023 in Betracht, in welchem El Ghazi erklärte, er distanziere sich nicht von seinem früheren Posting.
Urteil Arbeitsgerichts Mainz vom 12. Juli 2024 –10 Ca 1411/23
Nach gescheiterten Vergleichsbemühungen hat das Arbeitsgericht Mainz am 12.07.2024 schließlich ein Urteil gesprochen:
Die außerordentliche, fristlose Kündigung vom 03.11.2023 ist unwirksam. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Fußballprofi El Ghazi und dem Bundesligaverein FSV Mainz 05 ist fortzusetzen.
Das Posting des Fußballspielers vom 01.11.2023, in welchem er auf die Presseerklärung des Vereins reagierte und klarstellte, er distanziere sich nicht von seinem ursprünglichen Post, ist nach Auffassung des Arbeitsgerichts Mainz aus Sicht eines unvoreingenommenen Publikums noch von der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG 🔗) gedeckt.
Damit liegt keine Unzumutbarkeit hinsichtlich der Fortsetzung des befristeten Vertrages vor.
Anhand dieses Rechtsstreits zeigt sich einmal mehr, dass vermeintliche private Aussagen nicht immer eindeutig privat sind – besonders nicht im Internet. Private Aussagen können jedenfalls dann einen Kündigungsgrund darstellen, wenn diese den Arbeitgeber schädigen. Hier ist stets besonderes Fachwissen und eine genaue Prüfung des jeweiligen Sachverhaltes notwendig.
Kontaktieren Sie uns!
Sollten Sie wegen des Inhaltes von privaten Aussagen eine Kündigung erhalten haben, kontaktieren Sie uns schnellst möglich telefonisch unter 02103 995 41 73, damit wir die Wirksamkeit der Kündigung prüfen und das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen können.
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